19.11.2008 Trennung von ck
Ich freue mich, dass ich endlich einen Ansprechpartner gefunden habe,
dem ich mein Anliegen vortragen kann; denn hier in Deutschland kann ich keinen ausfindig
machen, der mich nicht mit nichtssagenden Worten abweist.
In der Zeitschrift des Deutschen Philologenverbands „Profil“, 10/2008, S. 33,
lese ich, dass seitens der Schweizer Orthographischen Konferenz „reformierte
Schreibweisen wie die Dreikonsonantenregel [...] sowie die ck- und st-Trennung nicht beanstandet“ werden.
Die Trennung eines st kann ich noch
mitvollziehen, nicht aber die von ck
in z. B. Zu-cker; denn es wäre m. E.
sinnvoll gewesen, das ck zu ersetzen
durch kk, dann wäre die ursprüngliche
Trennung in k-k geblieben und wäre
nicht jedes Mal zu überlegen, ob der Vokal als letzter Buchstabe der Zeile kurz
gesprochen wird (weil vor dem ck in
der nächsten Zeile) oder lang, weil kein Doppelkonsonant den folgenden Wortteil
einleitet.
Dies als Anregung, und ich bitte Sie, sich auch für meinen Vorschlag stark zu
machen und ihn den entscheidenden Gremien mit der Bitte vorzutragen, die „neue
Rechtschreibung“ auch in diesem Punkt zu überdenken.
Über die Darlegung Ihrer Ansicht in dieser Sache würde ich mich freuen.
P. W.
Sehr geehrter Herr W.,
wir pflichten Ihnen durchaus bei, dass auch im Falle der ck-Trennung die herkömmliche Regel
besser als die „reformierte“ sei. Wir beanstanden die neue Regel nur deshalb
nicht, weil erstens eine Ablehnung aller neuen Regeln, d. h. eine amtliche
Wiedereinführung der herkömmlichen Rechtschreibung, zurzeit offensichtlich
nicht zu erreichen ist und weil wir zweitens die Frage der Silbentrennung nicht
als gleich wichtig wie andere bewerten (von Linguisten wird sogar bezweifelt,
dass die Silbentrennung überhaupt ein Thema der Rechtschreibung sei). Dennoch
die folgenden Überlegungen:
Von den drei in Frage kommenden Trennungen k-k, c-k und -ck halten
wir -ck für die schlechteste. Sie
geht auf einen Vorschlag von Prof. Horst Haider Munske zurück, den er in
„Orthographie als Sprachkultur“ (Peter-Lang-Verlag, Frankfurt/M., 1997)
nochmals dargelegt hat, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits davon abgekommen
war. Er fusst nämlich auf dem Irrtum, dass es sich bei ck um einen Digraphen wie ch
handle oder doch um „etwas hinreichend Ähnliches“ (Prof. Theodor Ickler).
Digraphen dürfen nicht getrennt werden.
In Tat und
Wahrheit ist ck natürlich etwas ganz
anderes, nämlich eine typographische Variante von kk. Kurze Vokale werden in der Regel durch die Verdoppelung des
folgenden Konsonanten angezeigt (fallen,
Mappe usw.). Bei k (und z) wird der Konsonant ausnahmsweise
nicht verdoppelt, sondern zu ck (bzw.
tz) verwandelt (Zucker, Katze)1.
Das kk bei der Trennung k-k stellt also bloss die
Ausgangssituation wieder her.
Eine – hier
irrelevante – Analogie zwischen ck
und ch gibt es allerdings: beides
sind Sondergraphien, was die Kennzeichnung des kurzen Vokals betrifft. ch wird (wie auch sch) zur Kennzeichnung des kurzen Vokals ausnahmsweise nicht
verdoppelt. Damit will man eine unübersichtliche Ansammlung von Buchstaben
vermeiden (machen, nicht *machchen). Diese Analogie rechtfertigt aber
die scheinbare Gleichbehandlung bei der Trennung keineswegs. Denn würde man
tatsächlich *machchen schreiben,
würde man selbstverständlich auch hier zwischen den zwei Konsonanten (hier
Digraphen) trennen: *mach-chen. Und
würde man das durch die Verdoppelung entstehende Buchstabenpaar als nicht
trennbaren Digraphen bezeichnen, müsste man auch *fa-llen, *Ma-ppe trennen.
Eine relevante
Analogie hingegen besteht zu Fremdwörtern, in denen kk und zz nicht zu ck und tz verändert werden: Mokka,
Sakko; Pizza, Razzia, Skizze usw. Diese werden selbstverständlich zwischen
den Konsonanten getrennt: Mok-ka, Sak-ko;
Piz-za, Raz-zia, Skiz-ze.
Die Trennung -ck unter Hinweis auf ch2,
also auf eine scheinbare, d. h. falsche oder zumindest irrelevante Analogie,
hat damit die Qualität der von der Reform eingeführten volksetymologischen
Herleitungen wie nummerieren, platzieren,
Quäntchen, einbläuen usw. Gegen die Trennung -ck spricht ausserdem, dass der Leser am Zeilenende irregeführt
wird: Er erwartet beim Lesen von Zu-
einen langen Vokal und muss dann gedanklich umstellen, wenn er auf der nächsten
Zeile cker liest. Ausserdem steht mit
ck eine Buchstabenverbindung am
Zeilenanfang, die nicht auch an einem Wortanfang stehen kann.
Gegen die an sich
naheliegende Trennung c-k (Zuc-ker)
spricht, dass der Leser damit am Zeilenende erst recht irregeführt würde, weil c im Deutschen als einzelner Buchstabe
nicht vorkommt und er das c zunächst
als ts liest. (Bei t-z gibt es diese Gefahr nicht, eine
Wiederherstellung der Ausgangssituation mit einer Trennung z-z ist deshalb nicht notwendig.)
Daraus folgt,
dass die Trennung Zuk-ker die beste,
wenn nicht sogar die einzig richtige ist. Gegen sie wird angeführt, das
vertraute Schriftbild werde damit verändert und es sei linguistisches Wissen
nötig, um sie zu verstehen. Das hat eine gewisse Berechtigung. Diese Nachteile
wiegen jedoch wesentlich leichter als diejenigen der Trennungen Zu-cker und Zuc-ker. Mit der k-k-Trennung
hat ausserdem kaum jemand Probleme, auch der nicht, der die linguistischen
Gründe dafür nicht kennt. Auch die Silbentrennprogramme beherrschen sie
problemlos. Die SOK schliesst nicht aus, sich zu einem späteren Zeitpunkt für
die Wiedereinführung dieser Trennung einzusetzen.
Peter Müller
1
Zu den Gründen für die Entstehung
dieser Ausnahmen gibt es verschiedene Theorien. Johann Jacob Wippel (1759–1765)
vermutet den Grund darin, dass „ck und tz bequemer im Schreiben“ sei. Karl
Ferdinand Becker (1775–1849) schreibt
in seiner „Ausführlichen deutschen Grammatik“ (1836): „Der Gebrauch des ck
statt kk ist uralt. Im Alt- und Mittelhochdeutschen wird häufig im Auslaute c
statt k, und besonders im Mittelhochdeutschen ck statt kk geschrieben, z. B.
Schalc, Folc, starc, Sac, Sackes, Blic, Blickes, Druc, Druckes: der Gebrauch
des tz statt zz kommt schon im Alt- und Mittelhochdeutschen vor und findet eine
Erklärung darin, daß der Zischlaut z ursprünglich aus der Tenuis t
hervorgegangen ist.“ Eine (von den heutigen, aber auch von früheren Reformern
durchaus erwogene) Eliminierung dieser Ausnahmen durch die Einführung der
Schreibweisen *Zukker, *Kazze (wie in den Fremdwörtern Mokka, Pizza) muss
verständlicherweise am Widerstand gegen die Änderung gewohnter Schriftbilder scheitern.
2
§ 111 des amtlichen Regelwerks:
„Stehen Buchstabenverbindungen wie ch, sch; ph, rh, sh oder th für einen
Konsonanten, so trennt man sie nicht. Dasselbe gilt für ck.“