5. November 2007
Wie Sie sicher wissen, ist es in Deutschland seit langem ein Streitpunkt, wie die Frauen in der Schreibweise kenntlich zu machen sind. Die Reformer haben sich vor einer Regelung gedrückt.
Es sind verschiedene Formen in Gebrauch: Verkäufer/innen, VerkäuferInnen, Verkäufer(innen), Käufer-, Verkäufer-, Erzeuger- und -innen. Daneben natürlich einfach Käuferinnen und Käufer. Eigentlich ist nichts davon wirklich gut les- und schon gar nicht sprechbar.
Haben Sie eine Empfehlung oder arbeiten Sie an einer?
Da ich häufig für Gleichstellungsbeauftragte schreibe, stosse ich immer wieder auf das Problem.
Dass ich mich gerade an Sie wende, mag Ihnen zeigen, dass ich zu den Kritikerinnen der Reform gehöre.
A. B.
Sehr geehrte Frau B.,
die Frage der weiblichen Schreibweisen ist eigentlich keine der Rechtschreibung, solange die Schreibweisen den Rechtschreibregeln entsprechen.
Die Reformer haben sich deshalb richtigerweise nicht zu diesem Thema geäussert. Aus dem gleichen Grunde äussert sich auch die SOK auf ihrer Website nicht dazu. Trotzdem einige Überlegungen zum Thema:
Rein sprachlich gesehen, ist die permanente Nennung der weiblichen Formen unnötig. In den Formen Verkäufer usw. kann man ein sogenanntes generisches Maskulinum sehen, das mit dem biologischen Geschlecht nichts zu tun hat. Ein Indiz dafür ist, dass es auch generische Feminina und Neutra gibt: die Wache, die Gans, die Geisel, die Waise, das Opfer, das Kind, die Person. Alle Diminutive sind generische Neutra: das Mädchen, das Schneiderlein (siehe auch „Generisches Maskulinum„“ auf Wikipedia).
Die systematische Nennung der weiblichen Schreibweisen führt zu schweren Beeinträchtigungen der Lesbarkeit. Sie kann auch gar nicht vollständig durchgehalten werden, z. B. in Zusammensetzungen: Bürgervertreter müsste in Bürger- und Bürgerinnenvertreter und -vertreterinnen umgesetzt werden.
Die aus politischer Korrektheit vor allem von feministischer und linker Seite geforderte zunehmende Verwendung von weiblichen Schreibweisen führt dazu, dass unter dem neutralen generischen Maskulinum schliesslich wirklich nur noch Männer verstanden werden, fälschlicherweise auch in denjenigen Fällen, in denen beide biologischen Geschlechter gemeint sind: da, wo auch Verfechter der feministischen Schreibweisen ihr System nicht durchhalten können (s. o.), oder in der Normalschreibweise, in der der Schreiber das generische Maskulinum meint. Dem Anliegen der Gleichstellung wird damit eher geschadet als genutzt.
Inzwischen kommt niemand mehr um die Berücksichtigung dieser Entwicklung herum. Dabei ist eine moderate Anwendung der weiblichen Formen zu empfehlen. Mehrere Institutionen wie der Duden, in der Schweiz die Bundeskanzlei, haben dazu Richtlinien herausgegeben. Doppelnennungen werden vor allem in (feierlichen) Ansprachen empfohlen. In Stelleninseraten sind sie teils sogar vorgeschrieben. In vielen Fällen werden Ersatzformulierungen wie Studierende (statt Studenten und Studentinnen) empfohlen. Das sogenannte Binnen-I hingegen widerspricht den (herkömmlichen und reformierten) Rechtschreibregeln und ist damit rechtschreiblich gesehen falsch.
In längeren Dokumenten kann auch der Hinweis angebracht werden, dass im Text das generische Genus verwendet wird (nicht dass Frauen „mitgemeint“ seien), z. B. aus einem Dokument der SDA:
Hinweis: In diesem Dokument wird aus sprachlichen Gründen (Lesbarkeit, Ästhetik) das generische Genus (in der Regel das generische Maskulinum) angewendet. Das generische Maskulinum (z. B. der Mitarbeiter, der Vorgesetzte) bezeichnet das biologische Genus genauso wenig wie das generische Femininum (z. B. die Waise, die Geisel) oder das generische Neutrum (z. B. das Männchen, das Mädchen). Wo nicht ausdrücklich unterschieden wird, sind immer beide biologischen Genera gemeint.
Peter Müller, SOK