21. September 2008
Grundsätzlich begrüsse ich die Empfehlungen der SOK sehr. Gar nicht einverstanden bin ich jedoch mit folgenden Regelungen:
Die Empfehlungen zu Ableitungen von Personennamen und geographischen Ableitungen sind unklar und verwirrlich. Die alte Regelung war logisch klar und sinnvoll.
Die nachstehend zitierten Empfehlungen lehne ich ab.
„Die SOK empfiehlt ferner, die Schreibweisen Jäheit (nicht: Jähheit), Roheit (nicht: Rohheit) und Zäheit (nicht: Zähheit) zu verwenden (und, trotz der empfohlenen Schreibweise rauh, selbstverständlich auch weiterhin Rauheit zu schreiben). Hoheit wird auch nach neuer Rechtschreibung mit nur einem h geschrieben.
Die SOK empfiehlt überdies, die Schreibweisen As, Mop (nicht: Mopp), Step[tanz] (nicht: Stepp[tanz]) und Tip (nicht: Tipp) zu verwenden. Die SOK empfiehlt entsprechend diesen letzteren Beispielen auch die Schreibweise Stop.“
Begründung:
- Diese Regelungen werden offenbar nur durch die SDA mitgetragen. Durchsetzen werden sich auf die Dauer jedoch höchstens diejenigen, die von anderen (NZZ, FAZ usw.) auch befürwortet und verwendet werden.
- Wenn jetzt sogar drei gleiche Konsonanten aufeinanderfolgen können (Brennnessel usw.), dann ist nicht einzusehen, warum Abstrakta, die aus Adjektiven mit -heit abgeleitet werden, nicht den Wortbildungselementen gemäss erlernt und geschrieben werden sollen. Allerdings wäre dann auch Hohheit zu schreiben.
- Lehnwörter aus dem Englischen, die längst eingebürgert sind wie Stopp, Tipp usw. sollten Doppelkonsonanz enthalten wie die davon abgeleiteten Verben: stoppen, tippen. (Tipptopp hat man schon immer so geschrieben.) Das entspricht der Schreibung niederdeutscher Wörter, und zwar auch solcher, die ins Hochdeutsche (meist durch die Luther-Bibel) eingegangen sind. Darunter befinden sich alte deutsche Wörter, die gleich lauten und den gleichen Ursprung haben wie die englischen Lehnwörter (Tipp, Stepparbeit und andere mehr). Ausserdem erleichtert die Schreibung mit Doppelkonsonanz dem Schüler das Erlernen der richtigen Schreibung von Substantiv und Verb.
H. T.
Sehr geehrter Herr T.,
wir freuen uns darüber, dass Sie die SOK-Empfehlungen grundsätzlich begrüssen. Ihre Kritik an den beiden Empfehlungen zu Zusammensetzungen von Wörtern auf -h mit -heit und zur Integration englischer Fremdwörter auf -p können wir gut nachvollziehen. Wir führten auch in der SOK-Arbeitsgruppe darüber längere Diskussionen. Schliesslich haben aber die folgenden Überlegungen den Ausschlag für die Empfehlungen gegeben:
Zusammensetzungen von Wörtern auf –h mit –heit
Sie weisen mit Recht darauf hin, dass man angesichts der Dreifachkonsonantenregelung auch die Regelung akzeptieren könnte, bei den Zusammensetzungen von Wörtern auf -h mit -heit alle Buchstaben an der Nahtstelle der Komposition beizubehalten. Bei unserer Empfehlung spielte eine Rolle, dass wir eigentlich auch die Neuregelung der Dreifachkonsonanten problematisch finden. Gegen sie spricht folgendes (Quelle: Prof. Theodor Ickler, Universität Erlangen):
Die Erhaltung von drei gleichen Buchstaben an der Nahtstelle von Zusammensetzungen (helllicht, Brennnessel, Schifffahrt) greift auf alte Schreibgewohnheiten zurück, von denen man im Laufe des 19. Jahrhunderts allmählich abgekommen war.
Jacob Grimm rechnete das Schreiben von drei gleichen Buchstaben, wo nur einer hörbar ist, zum Pedantischen der deutschen Sprache. Übrigens wäre die Vereinfachung in du reist (statt reisst), du musst (statt mussst), aber vor allem in Dritteil (statt Drittteil), dennoch (statt dennnoch), Mittag (statt Mitttag) nach derselben Logik zu beanstanden, nach der alle Buchstaben in der Komposition beizubehalten sind.
Zu den ersten Ausdrücken, bei denen aus ästhetischen oder lesepsychologischen Erwägungen die Vereinfachung durchgeführt wurde, zählten Brennessel und Schiffahrt, weil sich hier eine selbständige Bedeutung eingestellt habe. Konrad Duden empfahl die Ausdehnung auf Bettuch und andere Wörter, worauf schliesslich die Regel entstand: drei gleiche Buchstaben, wenn der Gruppe ein Konsonant folgt (Sauerstoffflasche), zwei, wenn ihr ein Vokal folgt (Schiffahrt).
Die Rechtschreibreformer empfehlen den Bindestrich zur gefälligen Entzerrung der gerade erst eingeführten Dreifachbuchstabenregel; noch im Duden von 2004 steht: Eisschnelllauf, auch Eisschnell-Lauf. Unangenehmerweise sitzt der Bindestrich gerade an einer Stelle, an der nicht die primären Konstituenten des Kompositums zusammenstossen. Der Duden gibt zwar noch Schiff-Fahrt an, traut sich aber nicht, die weiteren Zusammensetzungen ebenso zu gliedern, also Schiff-Fahrtsrecht, Grossschiff-Fahrtsweg usw. Der Kalamität wäre nur durch noch mehr Bindestriche (Durchkupplung) zu entgehen (Gross-Schiff-Fahrts-Weg), womit aber gleich eine neue entstünde.
Es sei noch erwähnt, dass Mehrfachanschlagen derselben Taste ergonomisch ungünstig ist, da anders als beim Klavier kein Fingerwechsel möglich ist.
Diese Einwände gelten sinngemäss auch für die Zusammensetzungen von Wörtern auf -h mit -heit. (Ohnehin gibt es in der Regelung 06, wie Sie ebenfalls erwähnen, mit Hoheit die immer mit einem h zu schreibende Ausnahme, die die Regel eigentlich ad absurdum führt.) Wenn man hier empfiehlt, die Regelung 06 nicht zu beachten, hätte man das folglich erst recht bei der Dreifachkonsonantenregelung tun können. Trotzdem haben wir entschieden, die Dreifachkonsonantenregelung zu akzeptieren.
Integration englischer Fremdwörter auf –p
(Quelle: Prof. Theodor Ickler, Universität Erlangen)
Die Integration englischer Fremdwörter ist heute kaum noch üblich. Sie ist überdies äusserst unsystematisch durchgeführt. Geplant waren: Bopp (statt Bob!), fitt, Flopp, Frittfliege, Hitt, Mopp, Pepp, Popp, Sett, Stepp, Stopp, Stripp, Tipp, Topp. Davon sind übriggeblieben: Mopp, Stepp, Stopp und Tipp. Das beweist, wie prinzipienlos die Neuregelung auch auf diesem Gebiet ist – ein Zufallsprodukt, von dem man ebensogut wieder Abstand nehmen könnte.
Die Neuregelung führt zu so problematischen Einträgen wie „Tipp – engl. Bez. für Trinkgeld“ (Duden Universalwörterbuch) oder Onestepp/Twostepp (Duden Bd. 1, wobei das amtliche Verzeichnis 1996 noch Onestep, aber Twostepp aufführte). Stop ist international gebräuchlich und kann täglich auf den Strassenschildern gelesen werden, es gibt keinen Grund, es weiter einzudeutschen. Der Mop bot Schülern gewiss keine relevanten Schwierigkeiten, zumal der Staubbesen im Zeitalter der Staubsauger kaum noch gebräuchlich ist.
Tip, Step, Stop usw. muss auch nicht den abgeleiteten Verben tippen, steppen, stoppen angeglichen werden. Die Schreibweise mit einem -p oder -t im Singular-Nomen und zwei bei Ableitungen entspricht der englischen Schreibweise: Step/stepping, Set/Setter usw. Pop, Rap und Top z. B. werden auch in der Regelung 06 nicht angeglichen: Pop/poppig, Rap/Rapper, Top/toppen.
Sie vermuten, dass diese Regelungen „nur“ von der SDA mitgetragen werden. Wir weisen darauf hin, dass immerhin die Konferenz der Chefredaktoren sowie der Verband Schweizer Presse ihren Mitgliedern kürzlich formell empfohlen haben, die SOK-Vorschläge umzusetzen. Es wurden keine Ausnahmen genannt. Natürlich wird es entscheidend sein, ob die Deutschschweizer Zeitungen der Empfehlung in genügender Zahl folgen werden.
Wenigstens teilweise verstehen wir auch Ihre Kritik an den Ableitungen von Personennamen und geographischen Ableitungen. Falls Sie damit sagen wollten, dass bei den Ableitungen von Personennamen die „alte“ Regelung mit der Unterscheidung ohmscher Widerstand / Ohmsches Gesetz „logisch klar und sinnvoll“ war, sind wir mit Ihnen zwar einverstanden. Wir sind hier aber – wie in anderen Fällen, wo dies möglich war – der Regelung der NZZ gefolgt, die mit einigem Recht argumentiert, die Unterscheidung zwischen „Person als Schöpfer bzw. Verursacher“ und „nach der Person benannt“ sei nicht in allen Fällen klar, und die immerhin auf das überflüssige Apostroph verzichtet. Nötig wäre die Neuregelung aber auch aus unserer Sicht nicht gewesen. Und man kann es als Nachteil sehen, dass diese SOK-Empfehlung ausnahmsweise weder der herkömmlichen noch der Regelung 06 entspricht. Die Ableitung von geographischen Namen anderseits entspricht der herkömmlichen Regelung. Vielleicht hat zur Verwirrung beigetragen, dass orthographische Fragen mit Variantenschreibungen vermischt waren. Wir werden das in der neuen Version auseinanderhalten.
Peter Müller, SOK