Stop/Jahr oder Stopp/Jahr?

sotp22. April 2010

Danke für die sehr lehrreiche Homepage.

Gesucht habe ich, aber leider nicht gefunden:

Das Verb stoppen schreibt man mit 2 p.

Das Wort „STOP“ am Boden im Strassenverkehr mit 1 p.

Wie sieht es aus bei: 1 kompletter Service-Stop/Jahr? Oder doch eher Service-Stopp/Jahr?

M. J.

 

Sehr geehrte Frau J.,

das Wort Stop wird in der Einleitung zu den Empfehlungen erwähnt: „Die SOK empfiehlt auch hier die nicht eingedeutschte Schreibung Stop, wie sie auf unzähligen Verkehrsschildern zu lesen ist.“

Dort wird auch gesagt, dass die Schreibweise von stoppen kein Grund für zwei p bei Stop sei: „Es besteht auch kein Anlass, die Substantive den Ableitungen anzupassen (Tipp wegen tippen), die Regelung 06 passt Pop, Rap, Top trotz poppig, Rapper, toppen auch nicht an.“

Peter Müller, SOK

franz./ital. Ausdrücke im deutschen Text

7. November 2009

Wie steht es um französische oder italienische Ausdrücke im deutschen Text? Ist deren Handhabung auch so detailliert geregelt wie die der englischen? Werden Adjektive und Substantive grossgeschrieben, der Rest klein? Zum Beispiel:

Sie bekam zum Abschied ein Gran Bacio. – Oder: … ein gran Bacio? – Oder: … ein gran bacio?

Das Amuse-Bouche mundete. – Oder: Das Amuse-bouche

G. V.

 

Sehr geehrte Frau V.,

die Regel der neuen Rechtschreibung, dass „substantivische Bestandteile im Innern mehrteiliger Fügungen gross geschrieben werden“, gilt grundsätzlich für alle fremden Sprachen. Das amtliche Regelwerk nennt als Beispiele in § 55 (3):

die Alma Mater, die Ultima Ratio, das Desktop-Publishing, der Soft Drink, der Sex-Appeal, das Corned Beef

Duden hat den Eintrag Amuse-Gueule.

Die SOK empfiehlt, diese Regel nicht zu befolgen. Es ist absurd, dass die neue Rechtschreibung, die angeblich einfacher ist, hier vom Schreibenden eine Wortartanalyse verlangt, nach der er beispielsweise Modus Vivendi, aber Circulus vitiosus zu schreiben hätte. Die SOK empfiehlt, bei mehrteiligen Fügungen aus lateinischen Sprachen die herkömmliche Regel zu befolgen, nach der bei mehrteiligen substantivischen Fügungen nur das erste Wort gross geschrieben wird:

Modus vivendi, Nouvelle cuisine, Caffè latte (neue Rechtschreibung: Modus Vivendi, Nouvelle Cuisine, Caffè Latte)

In mehrteiligen englischen Fügungen hat sich hingegen die Grossschreibung der inneren Substantive eingebürgert (wenn die Fügung nicht sogar zusammengeschrieben wird, z. B. Cashflow):

Air-Condition, Midlife-Crisis, Big Brother, Easy Rider

Weiterhin erlaubt ist natürlich – auch nach neuer Rechtschreibung –, solche Fügungen als Zitate zu verstehen und sie in der Orthographie der fremden Sprache zu schreiben. In solchen Fällen sollten sie markiert, also in Anführungszeichen gestellt oder in Kursivschrift gesetzt werden.

Ihr Beispiel „ein gran bacio“ kann unseres Erachtens nur als Zitatwort verstanden werden, also nicht als ein in die deutsche Sprache integriertes Fremdwort. Es sollte deshalb klein geschrieben und, jedenfalls in gepflegter Typographie, markiert werden. Im Gegensatz dazu wird Amuse-bouche im Deutschen regelmässig gebraucht. Die SOK empfiehlt die Schreibweise Amuse-bouche (neue Rechtschreibung: Amuse-Bouche).

Peter Müller, SOK

Unterschiedliche Regelwerke?

12. Oktober 2009

In Zukunft werden wir die Rechtschreibeprogramme von Brockhaus Duden einsetzen.

Gemäss Brockhaus Duden entspricht die Rechtschreibung demjenigen Regelwerk der Eidgenössischen Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektoren, das nicht denjenigem der Schweizerischen Orthographischen Konferenz (SOK) entspricht.

Nachfolgend der genaue Wortlaut des Supports von Brockhaus Duden:

Die Wörterbücher der Duden Proof Factory basieren auf dem
Rechtschreibduden und den weiteren Dudenwerken. Diese setzen das amtliche
Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung nach seinem aktuellen Stand 2006
um. Damit entsprechen sie demjenigen Regelwerk, das die Eidgenössische
Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektoren für den Unterricht an den
Schulen in der Schweiz eingeführt hat.

Die Regelungsvorschläge der Schweizerischen Orthographischen Konferenz
(SOK) entsprechen nicht diesen amtlichen Vorgaben und sind daher auch
nicht maßgeblich für die Rechtschreibprüfung und Worttrennung in der Duden
Proof Factory und in den gedruckten Duden-Werken. Maßgeblich ist
stattdessen die Eidgenössische Konferenz der Kantonalen
Erziehungsdirektoren für den Unterricht an den Schulen in der Schweiz.

Stimmen diese beiden Regelwerke tatsächlich nicht überein? Wenn ja warum weichen diese Regelwerke voneinander ab und gibt es eine Bestrebung, dass diese beiden Regelwerke in Zukunft übereinstimmen oder wird es weiterhin zwei verschiedene Regelwerke geben?

Gerne erwarte ich eine Antwort von Ihnen.

R. G.

 

Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Brockhaus Duden will Korrekturprogramme verkaufen; der Wortlaut aus dem Support, den Sie zitieren, ist ein Werbespruch. Die Sachlage ist nicht so einfach.

2006 legte der Rat für deutsche Rechtschreibung ein Regelwerk vor, das die Reform von 1996/2004 in vielen Punkten zurücknahm. Ein Beispiel: „es tut mir leid“ ist nun wieder klein, 1996 war es gross („es tut mir Leid“), 2004 war gross und klein richtig. Kennzeichen dieses Regelwerks 06 und Zeichen davon, dass es sich um einen schlechten Kompromiss handelt, sind die zahllosen Varianten: „wohlbekannt“ soll ohne Bedeutungsunterschied als „wohl bekannt“ geschrieben werden können, „Handvoll“ als „Hand voll“, „du hast recht“ als „du hast Recht“ usf.

Die grossen Wörterbücher Duden und Wahrig wählen aus diesen zahllosen Varianten jeweils eine, die sie empfehlen (Duden: gelb unterlegt, Wahrig in einem besonderen Werk: „Ein Wort, eine Schreibung“). In diesen Empfehlungen sind Duden und Wahrig nicht einig. Die Presseagenturen und die grossen Zeitungen treffen wiederum eine eigene Auswahl aus den Möglichkeiten der neuen Rechtschreibung. Dazu kommen grosse Zeitungen, die sich in einigen Punkten überhaupt nicht an die neue Rechtschreibung halten, und die literarischen Verlage, welche die neuen Regeln ganz ignorieren. Es gibt also heute nicht nur, wie Sie schreiben, zwei verschiedene Regelwerke, sondern zahlreiche Hausorthographien.

Wie ist die Lage in der Schweiz? Für die Schweizer Schule ist der neue Schweizer Schülerduden massgeblich. Seine Autoren treffen ihrerseits eine Auswahl aus dem Regelwerk 06. Sie unterschlagen viele Varianten und halten sich in einigen Fällen sogar an die Regeln von 1996/2004, die nicht mehr gelten. Das führt dazu, dass an Schweizer Schulen eine Schreibweise wie „seit langem“ als falsch gilt, obwohl sie gemäss Regelwerk 06 richtig ist; in der Schweizer Schule soll nur „seit Langem“ geschrieben werden. Für Einzelheiten verweisen wir auf zwei Weltwoche-Artikel, zugänglich auf (www.sok.ch) (Rechtschreibung bleibt Glückssache, Ein Duden für jederfrau).

Die Schweizer Schule hat also, sofern sie sich an den Schweizer Schülerduden hält, eine in vielen Punkten andere Rechtschreibung als die Presse. Und von der Rechtschreibung vieler literarischer Bücher, die an unseren Schulen nach wie vor studiert werden, weicht sie noch krasser ab. Für Einzelheiten verweisen wir auf einen NZZ-Artikel: Die Schule hat ein Recht auf eine klare Sprache.

Die Autorinnen und Autoren der Schweiz haben kürzlich in einer Eingabe an den Nationalrat auf diesen Missstand hingewiesen (Link). In ähnlichem Sinne hat sich der Verband der Schweizer Fachjournalisten geäussert. (Link)

Welche Haltung nimmt die SOK ein? Im Mittelpunkt ihrer Empfehlungen steht der Grundsatz: „Bei Varianten die herkömmliche“. Mit ihm bewegt sich die SOK im Rahmen der neuen Rechtschreibung, trifft aber eine begründete und sprachlich richtige Wahl unter den vielen Varianten. So ist für die SOK „wohlbekannt“ (= gut bekannt) keineswegs dasselbe wie „wohl (= vermutlich) bekannt“. In wenigen Bereichen folgt die SOK der neuen Rechtschreibung nicht.

Das sind aber die Bereiche, die der Rat für Rechtschreibung zweifellos noch überarbeiten wird.
Zukunft hat nicht die Rechtschreibung des Schweizer Schülerdudens, Zukunft haben die Empfehlungen der SOK.

Sie werden deshalb unterstützt von der Konferenz der Chefredaktoren und vom Vorstand des VSP.
Die Empfehlungen sind auch Standard am MAZ, der Schweizer Schule für Journalismus.

Es würde uns freuen, wenn auch Sie diese Empfehlungen prüfen würden. Wir sind zu Auskünften und Hilfestellungen sehr gerne bereit.

Stefan Stirnmann, SOK / Peter Müller, SOK

Nach während Genitiv oder Dativ?

12. August 2009

Ich bin mir nicht sicher, ob es

  • Während der Schulferien oder
  • Während den Schulferien

heisst. Können Sie mir bitte weiterhelfen?

Vielen Dank!

R. K. C.

 

Sehr geehrter Herr C.,

die Präposition „während“ wird im allgemeinen mit dem Genitiv verbunden: Während des Festes bleibt das Geschäft geschlossen. Während der Ferien wird die Zeitungszustellung unterbrochen.

Früher war auch der Gebrauch des Dativs üblich: Während dem Schiessen und Geschrei war er aus dem Wagen gesprungen (Tieck).

Heute ist der Gebrauch des Dativs seltener. Er kommt noch landschaftlich vor, besonders in der Schweiz.

Es geht also hier nicht um falsch oder richtig; beide Formen sind zu akzeptieren.

Erwähnt seien noch folgende Ausnahmen: bei alleinstehenden starken Nomen wird der Dativ verwendet, weil der Genitiv nicht erkennbar ist (er ist identisch mit Nominativ und Akkusativ): während Jahren (nicht: während Jahre). Erhalten ist der Dativ ausserdem noch in währenddem.

Peter Müller, SOK