Tagung vom 7. November 2014

Ihre neunte Tagung, unter dem Titel «Sprache der Zeit ‒ Sprache der Zeitung», führte die SOK am 7. November 2014 beim St. Galler Tagblatt in St. Gallen-Winkeln durch. Begrüsst wurden die Teilnehmer vom neugewählten Kopräsidenten Urs Breitenstein.

In zwei Referaten wiesen Prof. Rudolf Wachter und Stefan Stirnemann wiederum auf die verbleibenden, durch die Reform hervorgerufenen Probleme der Rechtschreibung hin, namentlich bei der Gross- und Klein- sowie der Zusammen- und Getrenntschreibung.

Regelfall und Ausnahme: Warum die Rechtschreibreform in ihren wesentlichsten Punkten gescheitert ist, Referat von Prof. Dr. Rudolf Wachter

In einer vom NZZ-Autor Jürg Dedial moderierten Podiumsdiskussion mit Philipp Landmark, Chefredaktor St. Galler Tagblatt, Hanspeter Lebrument, Verleger Somedia AG und Präsident des Verbandes Schweizer Medien, Peter Müller, Verwaltungsratssekretär der SDA, sowie Eva Nietlispach, Medienausbildnerin, Moderatorin, Partnerin Konsens 46, Ort für Mediation, zeigte sich insbesondere die wichtige Rolle der Schulen bei der Bildung von sprachlicher Qualität. Hanspeter Lebrument sagte, er wolle sich im Verband für eine einheitliche Rechtschreibung der Schweizer Zeitungen im Sinne der SOK einsetzen.

Wie die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schule (beim Einstieg zum Schreiben) sowie der Medien und der Literatur (bei der Erleichterung des Lesens) unter einen Hut gebracht werden können, soll zusammen mit der EDK untersucht werden.

Die Tagung verabschiedete zum Schluss die folgenden Beschlüsse:

1) Die Kopräsidenten der SOK nehmen das Gespräch mit der EDK auf. Ziel: Die Empfehlungen der SOK gelten in den Schweizer Schulen als richtig.

2) Die Kopräsidenten und der Vertreter des Verbandes der Schweizer Medien (VSM) im Rechtschreibrat laden zur nächsten Tagung den Vorsitzenden des Rates, seinen Stellvertreter und die Geschäftsführerin ein. Ziel: Der Rat für Rechtschreibung diskutiert und übernimmt die Empfehlungen der SOK.

3) Die Kopräsidenten laden die Schweizer Rechtschreibräte zur nächsten Sitzung der SOK-Arbeitsgruppe ein. Ziel: Gemeinsame Lagebeurteilung.

4) Die Kopräsidenten setzen zusammen mit dem Präsidenten VSM und dem Vorstand der Chefredaktoren eine Arbeitsgruppe ein. Ziel: Vereinheitlichung der Rechtschreibung der Schweizer Presse.

5) Die SOK greift das Thema geschlechtergerechte Sprache nicht auf (sie hat sich dazu bereits 2007 einmal geäussert, siehe Fragen und Antworten).

Bericht in der Ostschweiz am Sonntag
Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur

Fragen und Antworten

Hervorgehoben

Die Arbeitsgruppe der SOK ist gerne bereit, Fragen zur deutschen Orthographie zu beantworten. Unsere Ressourcen sind allerdings begrenzt, und wir bitten um Verständnis, wenn die Antworten Zeit brauchen.

Fragen können Sie an kontakt@sok.ch richten.

Ohne Ihren Gegenbericht nehmen wir Ihr Einverständnis an, dass wir Frage und Antwort hier mit Ihren Initialen publizieren. Die Fragen sind chronologisch sortiert, die neueste zuoberst:

das oder die Val Müstair, der oder die Place de la Bastille?

10. Februar 2013

Heisst es eigentlich die Place de la Bastille (wie la place im Französischen) oder der Place de la Bastille (wie der Platz im Deutschen)?

B. M.

8. August 2014

Wir haben in unserer Redaktion eine Meinungsverschiedenheit, ob es das Val Müstair heisst oder eben doch die Val Müstair entsprechend dem Geschlecht im Lateinischen (vallis).

C. D.

 

Sehr geehrter Herr M., Herr D.,

die Frage, ob bei fremdsprachigen Wörtern, die ein anderes Genus als die deutsche Übersetzung haben, das deutsche oder das fremdsprachige Genus gewählt werden soll, ist eigentlich keine Frage der Orthographie; trotzdem die folgenden Anmerkungen.

Es gibt keine feste Regel. Die einzige einigermassen gesicherte Unterregel ist, dass das deutschsprachige Genus verwendet wird, wenn es das Ableitungssuffix des fremdsprachigen Wortes auch im Deutschen gibt: die partage (fr. le partage), eine endettement (fr. un endettement) usw., wie bei den Fremdwörtern: die Garage (fr. le garage, wie Blamage, Passage usw.), das Placement (fr. le placement, wie Regiment, Rendement usw.), das Duett (it. il duetto, wie Tablett, Amulett usw.), die Zigarre (fr. le cigar, wie Gitarre und zahlreiche Wörter auf -e) usw. Für aus dem Englischen ins Deutsche übernommene Wörter auf -ing wird aufgrund des Partizips I das sächliche Genus verwendet: Happening, Leasing, Aquaplaning, bei Wörtern auf -er das männliche: Computer, Plotter, Streamer wie der Arbeiter, der Rechner usw.

Sonst wird, ohne dass eine Systematik ersichtlich wäre, das Genus der Übersetzung ins Deutsche oder das Genus des fremdsprachigen Wortes verwendet. Wo beide Formen geläufig sind, besteht in der deutschen Schweiz bei Wörtern aus lateinischen Sprachen eine stärkere Tendenz zur Verwendung des fremdsprachigen Genus als in Deutschland: die Place de la Bastille, die Gare du Nord, der Groupe Mutuel, der Banco di Gottardo, der Movimiento Nacional, die Piazza San Marco, der Ponte Vecchio statt der Place de la Bastille, der Gare du Nord, die Groupe Mutuel, die Banco di Gottardo, die Movimiento Nacional, der Piazza San Marco, die Ponte Vecchio. Die SOK empfiehlt in diesen Fällen, das fremdsprachige Genus zu verwenden. In anderen Fällen ist der Gebrauch des fremdsprachigen Genus nicht üblich, z. B. der Val de Travers.

Ein besonderer Fall ist Val. Im Rätoromanischen ist Val weiblich (wie lat. vallis), im Französischen dagegen männlich. Im Bündnerland überwiegt die Verwendung des fremdsprachigen Genus eindeutig, in der übrigen Deutschschweiz dagegen ebenso eindeutig  das deutsche Genus; die SOK empfiehlt, diesen regionalen Usus zu beachten: die Val Müstair (auch bei französischen Namen: die Val de Travers) in Graubünden, das Val Müstair (auch bei französischen Namen: das Val de Travers) in der übrigen Deutschschweiz. Die Verwendung des männlichen Genus bei französischen Namen mit Val ist gänzlich unüblich: nicht: der Val de Travers. In den anderen Formen für Tal empfiehlt die SOK, das fremdsprachige Genus für Namen aus lateinischen Sprachen zu verwenden: die Vallée de Joux (franz.), die Valle Leventina (ital.), der Valle de Olivos (span.), der Vale do Lobo (port.).

Peter Müller, SOK

Urs Breitenstein zum Kopräsidenten gewählt

Urs Breitenstein7. November 2014

Die Arbeitsgruppe der SOK hat an ihrer Sitzung vom 7. November 2014 das Gründungsmitglied Urs Breitenstein einstimmig zum neuen Kopräsidenten und Nachfolger des verstorbenen Peter Zbinden gewählt.

Urs Breitenstein wurde 1942 im aargauischen Freiamt geboren und besuchte die Klosterschule in Einsiedeln und die Kantonsschule in Aarau. Er promovierte nach dem Studium in Basel und Tübingen in griechischer Philologie mit Latein und vergleichender Sprachwissenschaft an der Universität Basel. Er arbeitete danach bis Ende 2007 im Verlag Schwabe Basel, zunächst als wissenschaftlicher Lektor, dann als Verlagsleiter, ab 1996 als Verleger.

Ende 2006 wurde ihm von der Universität Bern der Doktortitel ehrenhalber für die verlegerische Förderung der Geisteswissenschaften und den Einsatz um eine Buch- und Lesekultur im In- und Ausland verliehen.

Urs war neben vielen weiteren kulturellen Engagements Präsident des Schweizerischen Buchhändler- und Verleger-Verbandes. Heute ist er Präsident der nach dem Stifter der Universität Basel, Aeneas Silvius Piccolomini, benannten, auf die 500-Jahr-Feier der Universität Basel von 1960 zurückgehenden Aeneas-Silvius-Stiftung.

Die SOK ist glücklich, mit Urs Breitenstein auf einen herausragenden Förderer des Buches und des Lesens als Kopräsidenten zählen zu können.

Filippo Leutenegger, Kopräsident