Anführungszeichen

25. Februar 2008

Zufälligerweise in der Liste Personen und Begriffe entdeckter Fehler: Beim Wort Faradaysche Gesetze heisst es zweimal Fesetze anstatt Gesetze.

Ich habe mich kaum getraut, diesen Hinweis zu schreiben, denn als ein in der gepflegten und korrekten Schreibweise unsicherer und verunsicherter Durchschnittsbürger (nicht nur wegen der neuen Rechtschreibung) musste ich deswegen zuerst alle Hemmungen abschütteln!  ;-)  So war ich mir nicht sicher, ob ich nun den Begriff Personen und Begriffe sowie den Begriff Faradaysche Gesetze und das falsche Wort Fesetze in Anführungs- und Schlussstrichen setzen soll.

Wahrscheinlich sollte man’s! Oder? Dagegen sträubte sich aber, und da bin ich nun bestimmt in guter Gesellschaft mit vielen Zeitgenossen, mein Drang nach Schnelligkeit und Einfachheit. Nun habe ich’s aber doch noch getraut und wünschte mir dafür von Ihnen einen diesbezüglichen Hinweis sowie eine Korrektur meines Mails, falls das, äh…, nicht zuviel Mühe macht.

W. H.

 

Sehr geehrter Herr H.,

herzlichen Dank für Ihren Hinweis! Solche Fehler lassen sich leider nicht ganz vermeiden, und wir sind über jeden Hinweis sehr froh.

Zu Ihrer Frage wegen der Anführungszeichen: Es gibt keine strikte Regel. Man sollte Anführungs­zeichen setzen, wenn sonst die Gefahr von Missverständnissen bestünde oder die Lesbarkeit stark eingeschränkt wäre. Es gibt in Ihrem Satz keine Gefahr von Missverständnissen, und er ist ohne Mühe lesbar. Anführungszeichen sind deshalb nicht notwendig. Schnelligkeit und Einfachheit gehen, wie Sie schreiben, vor – zumal in einem E-Mail, wo verkürzte Schreibweisen üblich sind.

Peter Müller, SOK

Eszett in der Schweiz

26. November 2007

Ich arbeite an einer Geschichte zum schleichenden Wegfall des scharfen s aus der bundesdeutschen Schriftsprache. Vermehrt wird auch hierzulande – und zwar gegen die Rechtschreibreform – das ß durch doppeltes s ersetzt, so vor Diphthongen (z. B. Werbung eines Baumarktes: „Rabatt auf alles – ausser Tiernahrung“ man verschickt freundliche Grüsse und wohnt in der Poststrasse usw.).

Die Schweiz verzichtet ja schon länger auf das scharfe s, richtig?

Sind Sie so nett und erteilen mir für meine Recherche Informationen, warum und seit wann das ß bei Ihnen keine Rolle mehr spielt?

Ph. K.


Sehr geehrter Herr K.,

eine der Neuerungen der Rechtschreibreform ist die Umstellung der Eszett-Schreibung von der Adelungschen auf die Heysesche Regel. Nach Adelung wird das Eszett zur Kennzeichnung des stimmlosen s (Muße) gesetzt, um es vom stimmhaften zu unterscheiden (Muse), für die Kennzeichnung des Wort- oder Stammendes, wo es in Zusammensetzungen wie Mißstand eine besondere Funktion hat, sowie im Inlaut nach langen Vokalen und Diphthongen. Nach Heyse wird das Eszett nur nach langen Vokalen und nach Diphthongen gesetzt (Straße, beißen).

Die Heysesche Eszett-Regel vermindert die Zahl der Eszett stark. Es ist deshalb anzunehmen, daß damit der generelle Ersatz des Eszett durch ein Doppel-s gefördert wird. Die Erwartung der Reformer, daß die Heysesche Regel zu weniger Fehlern führen werde, wird damit offensichtlich nicht erfüllt. Auffällig ist besonders die Zunahme der Verwechslung von das und dass. Die Heysesche Regel ist im 19. Jahrhundert in Österreich schon einmal eingeführt und nach einer Probezeit wieder verworfen worden, da sie sich offensichtlich nicht bewährte.

Die Adelungsche Regel ist lesefreundlicher als die Heysesche. Diese ist immerhin noch lesefreundlicher als die schweizerische Praxis, überhaupt kein Eszett zu setzen.

Die Entwicklung in der Schweiz

Wie in Deutschland kannten die frühen Antiquadrucke in der Schweiz kein Eszett, obwohl die Zweite Orthographische Konferenz von 1901 es auch für Antiqua zwingend vorschrieb. Der Beschluss wurde in Deutschland nach und nach umgesetzt, in der Schweiz (und in Liechtenstein) aber nie durchgängig. Das Schweizerische Bundesblatt führte es nach der Umstellung von Fraktur auf Antiqua 1873 etwas später zwar ein, hob es aber mit der Ausgabe vom 21. März 1906 wieder auf.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Eszett in der Schweiz mehr und mehr durch ein Doppel-s ersetzt. Die Kantone begannen in den späten dreißiger Jahren, das Eszett nicht mehr zu lehren, der bevölkerungsreichste, häufig als Vorbild dienende Kanton Zürich ab dem 1. Januar 1938. Offiziell abgeschafft wurde das Zeichen aber nie. Am 4. November 1974 stellte auch die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) als letzte der Schweizer Zeitungen auf Doppel-s um.

Der damalige Chefkorrektor der NZZ, Max Flückiger, schrieb in einer internen Weisung:

„Mit Stichtag Sonntag, 3. November 1974, lassen wir den Buchstaben ß fallen und setzen an seiner Stelle zwei s. Der Grund für diese Maßnahme liegt darin,

  • daß der Buchstabe ß in der Schweiz in den Schulen schon lange nicht mehr gelehrt wird und deshalb Automatik und Korrektorenabteilung die Ausbildung von neu eintretenden Angestellten übernehmen mußten,
  • daß Agenturen und Korrespondenten uns fast nur noch mit Texten ohne ß beliefern,
  • daß der Leser den Buchstaben ß kaum vermissen wird und
  • daß bei zunehmender Computerisierung dieser Schritt später doch getan werden müßte.“

Und zum Schluß: „Dem Hinschied des ß werden zünftige Schwarzkünstler wohl ein paar symbolische Tränen nachweinen – auch ich. Trotzdem bitte ich, den Trauerfall nicht zu tragisch zu nehmen, dafür die Aufmerksamkeit, die bis jetzt der Pflege des ß geschenkt wurde, auf die Pflege anderer, vielleicht wichtigerer sprachlicher Dinge zu richten.“

Trotz des Ersatzes des Eszett durch ein Doppel-s wurde in der Regel aber in einem Fall ein Unterschied beachtet: Beim Zusammentreffen von drei s mit folgendem Vokal wurden alle drei s geschrieben (Kongresssaal), im Gegensatz zu andern Konsonanten (Schiffahrt). Bei der Silbentrennung hingegen wurde die alte Regel, daß beim Ersatz des Eszett durch Doppel-s beide s auf die nächste Zeile zu schreiben sind (Blö-sse in Analogie zu Blö-ße), nie angewendet (sondern Blös-se getrennt). Beides hat seit der Rechtschreibreform von 1996 keine Bedeutung mehr: drei Konsonanten werden ohnehin in jedem Fall geschrieben, und das durch Ersatz des Eszett entstandene Doppel-s kann getrennt werden.

Heute wird das Eszett nur noch von den Schweizer Buchverlagen verwendet, da sie ihre Produkte auch in Deutschland und Österreich absetzen wollen. Optimisten glauben in der neuerdings in SMS-Texten zu beobachtenden Verwendung des Eszett eine Wiedergeburt des Zeichens in der Schweiz zu erkennen. Diese Verwendung hat aber mit größter Wahrscheinlichkeit lediglich mit der in den Mobiltelefonen enthaltenen Schreibhilfe zu tun, die ein Wort vorschlägt, auch wenn es noch nicht zu Ende geschrieben ist (z. B. erscheint nach Grus Gruß). Die SMS-Schreiber, die von den Eszett-Regeln normalerweise keine Ahnung haben, akzeptieren das Eszett gerne, weil es im ohnehin knappen Raum der SMS einen Buchstaben einspart. Eine Wiedereinführung des Eszett in der Schweiz dürfte jedenfalls vollkommen unrealistisch sein. Auch gebildete Schweizer kennen die Eszett-Regeln nicht, obwohl sie durch die Lektüre von Büchern und deutschen Zeitschriften durchaus an das Zeichen gewöhnt sind.

Mutmaßungen über die Gründe

Mutmaßungen über die Gründe für die Abschaffung des Eszett in der Schweiz (und in Liechtenstein) gibt es viele. Schlüssig erforscht ist das Thema offensichtlich nicht.

Die meistgenannten Gründe sind:

  • Schweizer Einheitstastatur für Schreibmaschinen

Mit der Einführung der Schweizer Einheitstastatur für Schreibmaschinen in den dreißiger Jahren mußten die Zeichen àéè und ç auf der Tastatur untergebracht werden. Dem ç fiel das Eszett, das ohnehin nicht mehr systematisch verwendet wurde, zum Opfer (den àéè die Versalumlaute ÄÖÜ).

  • andersartige Phonologie der schweizerdeutschen Dialekte

Peter Gallmann führt das Verschwinden des Eszett auf die andersartige Phonologie der schweizerdeutschen Dialekte zurück. Das Doppel-s, das Eszett ersetzt, sei in der Schweiz ein Silbengelenk, gehöre also anders als in Deutschland zu beiden Silben: „Die Schreibung mit Doppel-s nach Langvokal und Diphthong entspricht der Syllabierung in den schweizerdeutschen Dialekten bzw. in der schweizerisch gefärbten Standardsprache: Fortis-/s/ ist auch nach Langvokalen und Diphthongen Silbengelenk, das heißt, es wird ambisyllabisch realisiert. Die Korrespondenz /s.s/ → ‹ss› stimmt daher gut zur besonderen schweizerischen Sprachsituation; eine Anpassung an die Verhältnisse im übrigen deutschen Sprachraum ist nicht zu erwarten“ (siehe hier).

  • frühere Verbreitung der Antiqua-Schriften in der Schweiz

Manche Autoren vermuten, daß die im Unterschied zu Deutschland frühere Verbreitung der Antiqua- statt der Frakturschriften in der Schweiz zum Verschwinden des Eszett geführt habe. Das Eszett geht auf eine Ligatur der Frakturschrift zurück, und Antiquaschriften hatten ursprünglich kein Eszett. Gallmann hält dem entgegen, daß das Eszett seit dem Ende des 19. Jahrhunderts auch in Antiquaschriften etabliert war und in der Buchproduktion auch verwendet wurde. Darüber hinaus wurden Zeitungen in der Schweiz länger als in Deutschland, nämlich bis Ende der vierziger Jahre dieses Jahrhunderts, in Fraktur und damit auch mit Eszett gesetzt. In Deutschland verbot Hitler am 3. Januar 1941 die als „Schwabacher Judenlettern“ gebrandmarkte Fraktur.

  • Abgrenzung zu Nazideutschland

Schließlich gibt es auch noch Stimmen, die hinter dem Verschwinden des Eszett in der Schweiz eine Abgrenzbewegung gegenüber dem aufkommenden Nationalsozialismus in Deutschland vermuten. Gegen diese Annahme spricht allerdings, daß der Ersatz des Eszett durch ein Doppel-s in der Schweiz schon früher, bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts, einsetzte und dass ausgerechnet die NSDAP in ihrem Schriftverkehr die ss-Schreibung praktizierte.

Fazit: In Wirklichkeit hat vermutlich nicht ein einzelner Grund, sondern eine Kombination von Gründen zum Verschwinden des Eszett in der Schweiz geführt.

Peter Müller, SOK

Warum Eclat, aber Biskuit, Début, aber debütieren?

12. November 2007

Ich versuche, für unsere Zeitung die Rechtschreibregeln zusammenzustellen, im wesentlichen (oder doch im Wesentlichen?) basierend auf den SOK-Empfehlungen.

Nun stecke ich aber bei einigen Details fest. Können Sie mir da weiterhelfen?

  • Habe ich die Schreibung der ph-Wörter richtig verstanden, wenn ich bei der Formulierung „vom Telefon zum Mikrophon“ lande?
  • Bei den Fremdwörtern: Wenn Sie Friteuse und Friture empfehlen, erhält dann frittieren auch nur noch ein t?
  • Darf ich trotz Début weiterhin debütieren schreiben, oder wird das irgendwie angepasst?
  • Warum schlagen Sie Eclat, aber Biskuit vor?
  • Dann stellen sich für mich bei der Gross- und Kleinschreibung noch ein paar Probleme. Wann darf man mit der in Aussicht gestellten Liste rechnen?
  • Der Abschnitt bei 5., der beginnt: „Die SOK empfiehlt, Pronomen weiterhin klein zu schreiben…,“ enthält sonderbarerweise einiges, was ich niemals zu den Pronomen zählen würde, z. B. verschiedenes, arm und reich usw. Werden Sie diesen Punkt noch präzisieren? Schreiben Sie ähnliches analog zu verschiedenes klein? Stehen dann Sätze nebeneinander, wie: Morgen hat er Grosses vor. Und: Morgen hat er verschiedenes vor. Und wenn ich vor verschiedenes oder ähnliches etwas setze, wie sieht die Schreibung dann aus?
  • Weiter habe ich gehört, dass die Tageszeiten nun auch wieder klein werden sollen. Gibt es dazu noch irgendwelche „Folgeregeln“?
  • In Ihren Wortlisten schreiben Sie bei den englischen Fügungen direkt untereinander die Empfehlung Boatpeople und Boat-People. Was gilt denn nun?
  • Dann empfehlen Sie bei den Fremdwörtern Co-Pilot und Kopilot und für das Gewebe sowohl Crêpe als auch Krepp.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir diese paar Fragen beantworten könnten, denn wir möchten spätestens auf Ende Jahr die neue Regelung einführen.

J. P.-N.


Sehr geehrte Frau P.-N.,

vielen Dank für Ihre Fragen. Alle Fragen geben uns Gelegenheit, unsere Empfehlungen zu überprüfen. Hoffentlich können Sie mit den Antworten etwas anfangen.

  • Im wesentlichen, im Wesentlichen: Im 19. Jahrhundert schrieb man solche Wendungen uneinheitlich, aber mit deutlicher Neigung zum grossen Buchstaben: vor Allem, durch Dick und Dünn, im Mindesten, am Besten usf. Vereinheitlicht wurden sie mit dem kleinen Buchstaben, und das war die Schreibweise des 20. Jahrhunderts.Die Reformer der Rechtschreibung wollten den grossen Buchstaben zum Teil wieder einführen; wie die Praxis zeigt, geht das nicht; der grosse Buchstabe entspricht nicht dem modernen Sprachgefühl. Im folgenden Satz ist im übrigen etwas anderes als im Regionalarchiv:„Von ihr existiert ein Nachlass, der im Zweiten Weltkrieg zwar teilweise versehrt worden ist, der aber im Übrigen heute im Regionalarchiv der Krim aufbewahrt wird.“ (St. Galler Tagblatt, 14. November, Seite 21)
  • Vom Telefon zum Mikrophon: Solange man sich nicht entschliesst, das ph überall durch das f zu ersetzen (Strofe, Filosofie), muss man sich an den Gebrauch halten. Der Epheu hat seinerzeit lange gebraucht, bis er sich vom ph trennte; heute ist Mikrophon (noch) gebräuchlicher als Mikrofon. Wir bevorzugen ausserdem eine einfach zu merkende Regel: Foto, Fotograf, Grafik, Telefon und Telegraf mit f, alles andere mit ph.
  • Friteuse, Friture sind französisch geschrieben (eingedeutscht: Frittöse, Frittüre). Zur Schreibweise mit einem t verhält sich das Verb frittieren wie jobben zu Job, toppen zu top, mobben zu Mob u. ä.
  • Début und debütieren: debütieren wird nicht angepasst, débutieren oder debüttieren sind ungebräuchlich.
  • Eclat, aber Biskuit: Wir haben wieder nach dem Gebrauch entschieden. Wenn möglich hielten wir uns an den Grundsatz: bei fremder Aussprache fremde Schreibweise. Es gab aber einige Fälle, wo trotz fremder Aussprache die eingedeutschte Schreibweise überwiegend gebraucht wird, so Biskuit. Es ist ein Grenzfall.
  • Die Listen zur Gross- und Kleinschreibung sollten im Laufe des Dezembers veröffentlicht werden.
  • verschiedenes, arm und reich: Es gibt Wörter, die die Wortart wechseln. Das hängt vom Sprachgefühl ab und zeigt sich darin, dass die Wörter im Satz in einer bestimmten Weise verwendet werden. schade in der Wendung es ist schade empfindet heute niemand als Substantiv; niemand schreibt heute: es ist viel Schade. Auch arm und reich ist in seiner Bedeutung verblasst; die Wendung bedeutet etwas ähnliches wie alle und hat insofern etwas von einem Pronomen. Will man der Wendung die Kraft des Substantivs zurückgeben, so müsste man das auch bei durch dick und dünn machen. Diese Wendung schreiben die Reformer nach wie vor klein; das ist zweifellos richtig, aber auch die verwandten Wendungen sind klein zu schreiben.Morgen hat er Grosses vor. Morgen hat er verschiedenes vor. Es gibt heute verschiedenes im Sinne von einiges, manches: wieder pronominal. Schreibt man verschiedenes gross, so gibt man dem Wort den vollen Sinn: was sich von etwas unterscheidet. Diese Verwendung dürfte selten sein (ähnlich stellt man sich unter einem bisschen kaum den kleinen Bissen vor). etwas ähnliches ist vergleichbar mit etwas anderes: klein; etwas verschiedenes ist keine gebräuchliche Wendung.
  • Tageszeiten: Heute morgen wird klein geschrieben wie gestern nachts oder spät abends. Die Angaben zur Tageszeit sind in dieser Verwendung keine Substantive mehr. Folgeregeln gibt es nicht.
  • Boatpeople und Boat-People: Es gilt Boat-People. Danke für Ihren Hinweis auf diesen Fehler.
  • Co-Pilot und Kopilot, Crêpe als auch Krepp für Gewebe: Die SOK empfiehlt Kopilot sowie (wie im Einleitungstext erwähnt), Krepp fürs Gewebe und Crêpe für den Kuchen. Auch hier besten Dank für Ihren Hinweis auf diesen Fehler.

Stefan Stirnemann, SOK
Peter Müller, SOK

Top-Ten-Universitäten

7. November 2007

Zu diesem orthographischen Problem habe ich keine Lösung gefunden:

Schreibt man Top Ten Universitäten oder Top-Ten-Universitäten?

Also: Koppelt man durch oder nicht? Meine Überlegung war, dass im Englischen ja nicht gekoppelt wird, also bei Top Ten kein Bindestrich gesetzt wird. Andererseits würde es Sinn machen, zwischen Ten und Universitäten einen Bindestrich zu setzen, dann aber käme die Regel zum Zug, nach der alle Teile durchgekoppelt werden müssten. Dies aber hält m. E. den ästhetischen Kriterien nicht stand… Über eine Antwort von Ihnen und/oder auch über die Aufnahme dieses Begriffs in Ihre Liste würde ich mich auf alle Fälle freuen.

S. L.

 

Sehr geehrte Frau L.,

Top-Ten-Universitäten ist eine Zusammensetzung. Eine Zusammensetzung kann keine Wortzwischenräume enthalten.

Zusammensetzungen werden grundsätzlich in einem Wort geschrieben, z. B. Verlegerverband, Vereinskasse, Dampfschifffahrtsgesellschaft usw.

In gewissen Fällen, z. B. zur besseren Lesbarkeit unübersichtlicher Zusammensetzungen, zur Vermeidung von Missverständnissen oder zur Herausarbeitung eines eigentlichen Sinnes, kann ein Bindestrich gesetzt werden (Mess-Ergebnis, Druck-Erzeugnis, Hoch-Zeit); dies geschieht häufig, wenn eines der beteiligten Wörter ein (nicht sehr übliches) Fremdwort ist oder wenn die Zusammensetzung aus vier oder mehr Wörtern besteht (Computer-Tomographie, Unfall-Versicherungsgesetz).

Neu gehören zu den offensichtlich unübersichtlichen Zusammensetzungen auch die Fälle, bei denen durch die Reform drei gleiche Konsonanten zusammentreffen, d.&bsp;h. es kann ein Bindestrich gesetzt werden (Schiff-Fahrt). Die SOK empfiehlt, keinen Bindestrich zu setzen.

Bindestriche müssen gesetzt werden, wenn eines der beteiligten Wörter eine Abkürzung oder ein Einzelbuchstabe ist: Kfz-Brief, Dipl.-Ing, i-Punkt.

Die Reform verlangt neu in einigen Fällen auch einen Bindestrich beim Zusammentreffen von Ziffer und Buchstabe: 19-jährig, 90-mal (aber: 32stel, 90er; 2fach oder 2-fach). Die SOK empfiehlt, in diesen Fällen der herkömmlichen Rechtschreibung zu folgen und keinen Bindestrich zu setzen.

Zu vermeiden sind Bindestriche, wenn die Zusammensetzung mit einem Fugenelement versehen ist: Vereinspräsident, Hundehütte, Scheunentor.

Besteht das Bestimmungs- oder das Grundwort aus mehreren Wörtern, die selbst keine Zusammensetzung bilden (z. B. mehrteilige Eigennamen), werden überall Bindestriche gesetzt („Durchkupplung“): eine Sowohl-Als-auch-Haltung, Ernst-Reuter-Platz. Bestimmungs- und Grundwort dürfen nicht enger zusammengerückt werden als die Wörter des Bestimmungswortes; also nicht: Ernst Reuter-Platz oder gar Ernst-Reuterplatz (Ernst und Reuter gehören als Bestimmungswörter enger zusammen als Reuter und Platz).

Für die Zusammensetzung Top-Ten-Universitäten folgt daraus:

Es handelt sich um eine Zusammensetzung mit einem mehrteiligen Bestimmungswort („Top Ten“). Die Zusammensetzung muss deshalb mit Bindestrichen versehen („durchgekuppelt“) werden.

Dass Top Ten im Englischen ohne Bindestrich geschrieben wird, hat dabei keine Bedeutung. Es würde ja auch im deutschsprachigen Kontext nicht mit Bindestrich geschrieben („Die Top Ten dieser Liste“), genauso wenig wie Ernst Reuter im vorherigen Beispiel.

Will man die Originalschreibweise beibehalten, ist dies durch Markierung des Bestimmungswortes (durch Anführungszeichen oder Hervorhebung mit Kursivschrift o. ä.) aber möglich: die „Top Ten“-Universitäten, die Top Ten-Universitäten.

Die Rechtschreibreform hat sich mit diesem Thema nicht beschäftigt, weil nichts geändert worden ist. Aus dem gleichen Grund sind solche Wörter auch in unseren Verzeichnissen nicht aufgeführt. Wir überlegen uns aber, ob wir eine Liste allfälliger Zweifelsfälle erstellen sollen, auch wenn sie von der Reform nicht betroffen sind.

Peter Müller, SOK