st bei der Worttrennung

27. März 2001

Mir ist zu meinem grossen Bedauern aufgefallen, dass Sie auf der Weltnetzseite nichts zur Auftrennung des beim richtigen Sprechen zusammenbleibenden ST schreiben (die  F ü r st e n , die  m e i st e n). Ich bin der Meinung, dass auch die Zusammenschreibung des ST wieder zur Regel werden muss.

Zu früheren Zeiten, als die Frakturschrift noch üblich war, gab es zur Hervorhebung einzelner Worte oder Sätze nur die  S p e r r s c h r i f t. Das ST wurde jedoch grundsätzlich ohne Zwischenraum geschrieben.

Seit Einführung der Verunstaltungsregeln benutze ich nur noch den alten „Wahrig“ und die neuen Wörterbücher von Mackensen und Ickler und das meiner Meinung nach beste Buch zur deutschen Rechtschreibung (für die Schweiz): Walter Heuer „Richtiges Deutsch“ aus dem Buchverlag der „Neuen Zürcher Zeitung“, zweite Auflage, 1960. Eine Gesamtlehre auf nur 320 Seiten.

Ich hoffe, Sie sind mit der Zusammenschreibung des ST gleicher Meinung wie ich. Eine kurze Nachricht von Ihnen würde mich sehr freuen.

G. W.

 

Sehr geehrter Herr W.,

wir haben Sympathien für Ihre Meinung. Die SOK akzeptiert die st-Trennung aber wie auch die ebenso fragwürdige ck-Trennung.

Die SOK verzichtet in einigen Fällen, die wenig Schaden anrichten, auf eine Empfehlung, die herkömmliche Schreibweise anzuwenden, obwohl sie diese besser oder ebenso gut findet: ausser bei der st- und der ck-Trennung z. B. bei der Dreikonsonantenregelung (Schifffahrt). Anderseits gibt es Fälle, bei denen man durchaus geteilter Meinung sein kann, was besser ist, herkömmlich oder reformiert: einige Grossschreibungen (in bezug/in Bezug analog zu mit Bezug, im trüben/Trüben fischen), einige Getrenntschreibungen (hiersein/hier sein, ebensoviel/ebenso viel), einige Eindeutschungen (Potential/Potenzial) u. a. Und schliesslich gibt es sogar (wenige) Fälle, in denen die reformierte Regelung unbestritten besser ist (mehrgliedrige englische Ausdrücke etwa: Beautycase/Beauty-Case, Beautycenter/Beauty-Center, Beautyfarm/Beauty-Farm statt Beauty-case, Beauty-Center, Beautyfarm).

Duden ist bei seinen Einzelfestlegungen bis 1991 wohl zu weit gegangen. Das war zwar aus Sicht von Korrektoren und Sekretärinnen durchaus erwünscht, weil damit Diskussionen um die „richtige“ Schreibweise vermieden werden konnten. Es hat aber den Reformern den Vorwand geliefert, eine Rechtschreibreform sei angesichts der „unlogischen“ und damit unlernbaren Festlegungen dringend nötig.

Was den „Heuer“ betrifft, teile ich Ihre Einschätzung ebenfalls, allerdings vor allem die Auflagen bis 1995 (23. Auflage), obwohl der Reformer Gallmann schon damals der neue Herausgeber war (Walter Heuer wurde Ende 1973 als Chefkorrektor der NZZ pensioniert und ist 1977 gestorben). Es wird Sie vermutlich überraschen, dass Heuer ein Befürworter der st-Trennung war. Ich werde in einem separaten Aufsatz zusammenfassen, wie Heuer zu den Reformbestrebungen der fünfziger und sechziger Jahre stand.

Peter Müller, SOK

nicht im geringsten oder nicht im Geringsten?

17. März 2011

Wie schreibe ich „nicht im Geringsten“ oder „nicht im Entferntesten“? Im
Duden wird die Großschreibung als einzig richtige Form angegeben, in
Ihrer Liste taucht es nicht auf (zumindest nicht als adverbiale
Fügung).

Empfehlen Sie Kleinschreibung wie „im übrigen“ usw.?

C. W., Deutschland

 

Sehr geehrte Frau W.,

da haben Sie eine Lücke in unseren Empfehlungen entdeckt, besten Dank.

In der Tat empfiehlt die SOK die Kleinschreibung von „nicht im entferntesten“ oder „nicht im geringsten“. Es ist nicht einzusehen, weshalb man „das geht dich nicht das mindeste an“ schreiben kann (als Variante), aber „das geht dich nicht das Geringste an“ schreiben muß (nur Großschreibung vorgesehen).

Wir werden diese Fügungen in unsere Wörterlisten aufnehmen.

Peter Müller, SOK

Wie schreibt man in einem deutschen Text Fil rouge?

4. November 2010

Mit Interesse habe ich auf Ihrer Homepage die Erläuterungen zur Gross-/Kleinschreibung von Fügungen aus romanischen Sprachen gelesen.
In einer aktuellen Publikation, die ich zurzeit redaktionell betreue, geht es um den Begriff Fil rouge.

In ihrer Auflistung zur Gross-/Kleinschreibung ist der Begriff nicht aufgeführt.
Ich habe die Schreibweise Fil rouge vorgeschlagen.
In den verschiedenen Korrekturlesungen (in jeder anders) wurde mir der Begriff teilweise auf „fil rouge“ oder auf fil rouge korrigiert.

Wenn ich Ihre Einleitung richtig interpretiere, geht es darum, zu entscheiden, ob es sich um einen Begriff handelt, welcher der herkömmlichen Rechtschreibung untersteht (Fil rouge), oder ob es sich um eine formelhafte Fügung (fil rouge) handelt.

Gespannt erwarte ich Ihre Antwort.

M. R.

 

Sehr geehrter Herr R.,

die Schreibweise – reformiert oder herkömmlich – hängt davon ab, ob der Ausdruck als integriertes Fremdwort oder als französischsprachige Einfügung betrachtet wird. Will man ihn als integriertes Fremdwort verstanden haben, schreibt man Fil rouge. Versteht man ihn als französischsprachige Einfügung, schreibt man fil rouge. Es wird empfohlen, solche Einfügungen zu markieren, z. B. durch Anführungszeichen oder – besser – durch Kursivschrift.

Die Rechtschreibreform hat in diesem Beispiel keine Wirkung. Sie fordert im Gegensatz zur herkömmlichen Rechtschreibung, dass auch im Innern solcher Ausdrücke alle Substantive gross geschrieben werden. Ein Substantiv im Innern von Fil rouge gibt es nicht. Anders wäre es beim Beispiel Fil-à-fil, das reformiert Fil-à-Fil zu schreiben ist. Die SOK empfiehlt die herkömmliche Schreibweise Fil-à-fil.

Peter Müller, SOK

Nach der Anrede gross oder klein?

5. Oktober 2010

Wir benötigen dringend einen Rat zur korrekten Schreibweise eines Briefes betreffend Anrede und Fortführung.

Folgender Text:

Sehr geehrte Damen und Herren

Zusammen…

Dies sei die Schreibform in der Schweiz laut unserem dortigen Vertriebspartner.

Aber nach meiner Meinung muss es wie bei uns richtig heißen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

zusammen…

Können Sie mir helfen und die Schreibweise deutlich machen?

A. B., Deutschland


Sehr geehrte Frau B.,

in der Schweiz ist in der Tat die Form ohne Komma nach der Anrede üblich, danach wird mit Großbuchstaben weitergefahren (siehe Musterbrief beim KV Schweiz).

Die in Deutschland übliche Form mit Komma und folgendem Kleinbuchstaben für klein geschriebene Wörter nach DIN 5008 trifft man jedoch auch an.

Die Form mit Ausrufezeichen ist nicht mehr üblich.

Rein orthographisch gesehen, sind alle drei Formen richtig. Wo eine Vereinheitlichung angestrebt wird, handelt es sich lediglich um kaufmännische Richtlinien.

Peter Müller, SOK